Wie von fast allen Umfragen vorhergesagt, hat die deutsche extreme Rechte bei der Bundestagswahl einen überwältigenden Sieg errungen: Sie verdoppelte ihren Stimmenanteil auf über 20 Prozent der abgegebenen Stimmen und gewann fast XNUMX Sitze. Und die traditionellen Parteien der scheidenden Regierung - SPD, FDP und Grüne - erzielten nur dürftige Ergebnisse.
Die gemäßigtere, rechte CDU/CSU siegte, doch mit nur 28 Prozent der abgegebenen Stimmen war es ein Pyrrhussieg. Da sie im Parlament keine Mehrheit erlangte, muss sie sich nach Partnern für die Regierung umsehen.
von Ricardo Angoso
Es besteht kein Zweifel daran, dass den Wahlergebnissen zufolge in Deutschland Unzufriedenheit herrschte, sei es wegen der wirtschaftlichen Lage oder wegen der Einwanderungssituation. Oder beides gleichzeitig. Es kam zu einer starken Mobilisierung – mehr als 82 % – aufgrund einer allgemeinen Atmosphäre der Frustration und des Unmuts gegenüber der traditionellen politischen Klasse, die keine Antworten mehr auf die Forderungen einer Wählerschaft bietet, die es satt hat, Schlange zu stehen, um die Geschichte zu erfahren.
Die beiden Extreme des politischen Spektrums, die Linke auf der linken Seite und die AfD auf der rechten Seite, verzeichneten spektakuläre Zugewinne und konnten ihre Sitze fast verdoppeln. Die Partei „Die Linke“ verdoppelt ihren Stimmenanteil und steigert sich von 2,2 auf 4,3 Millionen Stimmen und von 39 auf 64 Sitze. Damit wird sie zudem zur meistgewählten Kraft in Berlin – ein historischer und sehr bedeutsamer Meilenstein.
Die große Überraschung dieser Wahl war die Linke, weil ihr Erfolg weniger erwartet wurde als der, den alle Umfragen der AfD vorausgesagt hatten, und weil es ihr gelang, die andere linke Kraft in der deutschen Politik zu überholen: Sahra Wagenknechts BSW, die in allen veröffentlichten Umfragen als Favoritin galt und aus der Partei DIE LINKE hervorgegangen war. Durch das Verfehlen der Fünfprozenthürde und den weiten Rückstand auf die Partei Die Linke ist der BSW für mindestens vier Jahre nicht im Deutschen Bundestag vertreten.
Auf der extremen Rechten hat die AfD, die durch den „Cordon Sanitaire“ nicht nur keine Strafe erhält, sondern offenbar sogar von ihrer Verfolgung profitiert und politische Vorteile daraus zieht, einen Stimmenverlust von 4,8 auf 10,3 Millionen Stimmen und einen Rückgang von 83 auf 152 Sitze hinnehmen müssen. In fast ganz Ostdeutschland, mit Ausnahme der roten „Insel“ Berlin, erobert die AfD das Land und ist in allen Bundesländern die führende politische Kraft. Sie demütigt die traditionellen Parteien und zeigt ihre Stärke in den wirtschaftlich schwächsten Regionen des Landes. Sein Wahlsieg hat gezeigt, dass politische Veränderungen unvorhersehbar sind. Denn die Wählerschaft der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik hat sich von den kommunistischen Lagern - die Kommunistische Partei hatte damals bei einer Bevölkerung von 17 Millionen mehr als zwei Millionen Mitglieder - zu einer Wählerschaft entwickelt, die in großem Umfang der extremen Rechten zuzustimmen scheint. Ein weiterer Aspekt, der einer Analyse bedarf, ist die Tatsache, dass Die Linke und die AfD bei den jungen Menschen - zwischen 18 und 35 Jahren - große Stimmengewinne verzeichnen und in dieser Altersgruppe die traditionellen Parteien überholen. Die Jugend ist das Bild der Zukunft eines Landes.
Zu den größten Verlierern dieser Wahlen gehört die SPD, die ihr schlechtestes Ergebnis seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs eingefahren hat. Man kann den Schluss ziehen, dass der derzeitige Bundeskanzler und Parteivorsitzende Olaf Scholz diese Partei zu einem wahrhaft historischen Schiffbruch geführt hat. Die SPD verlor 11,9 Millionen Stimmen und 8,1 Millionen Sitze und landete damit hinter der extremen Rechten. Für eine Erholung der SPD bedarf es einer großen Portion Realismus, einer Interpretation der Unzufriedenheit der Bevölkerung und einer Anpassung des Diskurses an die neuen Forderungen der deutschen Wählerschaft. Zudem bedarf es einer neuen Führung, die in der Lage ist, die Parteibasis zu begeistern und die verlorenen Wähler zurückzugewinnen, die aus den Reihen der Sozialdemokraten in den rechten und linken Lager abgewandert sind.
DIE LIBERALEN AUSSERHALB DES PARLAMENTS
Den beiden Regierungsverbündeten der Sozialdemokraten, der liberalen FDP und den Grünen, die mit der SPD die gescheiterte und unpopuläre Ampel-Koalition bildeten, erging es nicht viel besser. Die FDP, die 5,3 Millionen Stimmen erhalten hatte, verlor ihr Stimmenanteil von 2,1 Millionen Stimmen bzw. 92 Sitzen auf null, da sie die nach deutschem Wahlrecht erforderliche Fünfprozenthürde für den Einzug ins Parlament nicht überschritt. Die Deutschen haben den Liberalen das Leben schwer gemacht, weil sie die Regierung fast ohne Erklärung verlassen und das Land in eine unnötige, schlecht begründete Krise geführt und in ihren Reihen schwere interne Streitigkeiten provoziert hatten, die zu einem Rückgang der Umfragewerte geführt hatten, der sich später an der Wahlurne bestätigte. Für den unpopulären Liberalen und Finanzminister der Bundesregierung, Christian Lindner, endet damit eine umstrittene und polemische politische Karriere, deren Unbeliebtheit auf der Straße zum völligen Zusammenbruch der Liberalen geführt hat.
Den Grünen erging es zwar nicht viel besser als den Liberalen, doch immerhin konnten sie ihre Präsenz im Parlament behaupten und sind nicht wie ihre Regierungspartner zur Bedeutungslosigkeit verdammt. Die Grünen verloren von 6,8 auf 5,7 Millionen Stimmen und von 118 auf 85 Sitze, was eine etwas geringere Abstrafung darstellt als die, die die Wähler der SPD und der inzwischen ausgetretenen FDP auferlegten. Insgesamt verloren die drei Parteien der Regierungskoalition 211 Sitze im 630 Abgeordneten umfassenden Parlament und schrumpften von 416 auf 205 – ein wahres Erdbeben in der deutschen Politik.
Für die deutsche Rechte schließlich, bestehend aus der Koalitionsregierung aus CDU und CSU (bayerischer Ableger), dürfte ihr Pyrrhussieg etwas bitter sein, da sie bislang knapp an der absoluten Mehrheit vorbeigeschrammt ist. Die Mitte-Rechts-Koalition verzeichnete einen Stimmenzuwachs von 11,7 Millionen auf 14,1 Millionen. Auch was die Sitze betrifft, ist der Zuwachs minimal: Sie sanken von 197 auf 208 und sind damit weit entfernt von den 316 Sitzen, die für die Bildung einer Regierung mit absoluter Mehrheit erforderlich wären. Ihr Vorsitzender Friedrich Merz, ein ehemaliger Kritiker von Angela Merkel, hatte vor und nach dem Wahlkampf erklärt, er werde keinen Pakt mit der rechtsextremen AfD eingehen. Allerdings bestehen große Zweifel daran, dass er vor dem Wahlkampf für einen seiner Parlamentsvorschläge die Stimmen der rechtsextremen Partei im Landtag akzeptiert hatte.
Nach diesen Ergebnissen beginnen die Spekulationen über mögliche Koalitionen, und in Deutschland gewinnt die sogenannte „Große Koalition“ zunehmend an Boden, d. h. eine Exekutive aus den beiden großen Parteien, die traditionell das Rückgrat des deutschen politischen Lebens bilden, CDU/CSU und SPD. Gemeinsam verfügen sie mit 328 Sitzen über eine weitaus größere als die absolute Mehrheit und könnten eine Exekutive bilden, die Deutschland auf Jahre hinaus Stabilität und Sicherheit verleiht. Es bleibt abzuwarten, ob diese Neuauflage des „Cordon Sanitaire“ gegen die extreme Rechte den Stimmenverlust der traditionellen Parteien und die damit verbundenen Auswirkungen auf die deutsche Wählerschaft aufhalten kann. Denn bisher ist diese Taktik gescheitert und hatte den gegenteiligen Effekt als erhofft: Die AfD hat sich eine Opferrolle zunutze gemacht, die ihr eindeutig Wahlvorteile verschafft hat. Die Beachtung der „Cordons Sanitaires“ in Deutschland und dem Rest Europas kann zu unerwarteten Ergebnissen führen.